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Verluste bezogener Leistungen: Schlussabrechnung und die Gefahr des Unternehmensverbundes

Bei Schlussabrechnungen drohen Verluste bereits erhaltener Corona-Wirtschaftshilfen. Betroffene Unternehmen sollten in einschlägigen Konstellationen bei Schlussabrechnungen zu gewährten Überbrückungshilfen und November- und Dezemberhilfen rechtliche Risiken, insbesondere die Gefahr des Unternehmensverbundes, berücksichtigen.

Warum drohen Verluste? Bewilligungsstellen prüfen seit Mai detailliert frühere Anträge – auch auf juristische Fragen.  Dies kann zu Rückzahlungen gewährter Leistungen führen.

Unser Rat um sich vor Verlusten zu schützen: Bei Einreichung der Schlussabrechnung sollte eine juristische Stellungnahme miteingereicht werden, welche sich z.B. detailliert mit der Frage des Vorliegens eines Unternehmensverbundes befasst.

Schlussabrechnung

“Die Bewilligungsstellen versuchen, „unberechtigte“ Auszahlungen zu korrigieren. Betroffene Unternehmen müssen sich wappnen. Eine fundierte juristische Stellungnahme, etwa zur Frage des Unternehmensverbundes, setzt ein Zeichen und hilft, unberechtigte Rückforderungen zu vermeiden. Ich selbst beschäftigte mich seit zwei Jahren mit Corona-Wirtschaftshilfen und kenne die rechtlichen Fallstricke aus sämtlichen Praxisperspektiven.”

— RA Dr. Maximilian Degenhart, Partner bei DMR Legal

Schlussabrechnung – Um was geht es?

Leistungsempfänger von Überbrückungshilfen sowie November- und Dezemberhilfen haben ihre ursprünglichen Anträge häufig auf Basis von Umsatzprognosen und prognostizierter Kosten gestellt.

Juristische Fragen, wie das Vorliegen eines Unternehmensverbundes, wurden sowohl auf Seiten der Antragsteller als auch auf Seiten der Bewilligungsstelle nicht immer berücksichtigt.

Schlussabrechnung kann zu Rückzahlung führen

Wir beobachten seit einigen Wochen, dass Bewilligungsstellen Sachverhalte detaillierter prüfen, als dies im Rahmen der Antragstellungen in den Jahren 2020 und 2021 der Fall war.
Daher erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass kritische Nachfragen für (frühere) Anträge gestellt werden, etwa zum Vorliegen eines Unternehmensverbundes. Dies kann zu Rückzahlungen empfangener Gelder führen.

Schlussabrechnung: Möglichkeit zu Korrekturen und zu juristischen Stellungnahmen

Die Schlussabrechnung bietet den Leistungsempfängern auch eine Chance: Mit Hilfe juristischer Stellungnahmen zu potenziellen Angriffsflächen können Leistungsempfänger und deren Steuerberater fehlerhafte Angaben bei der ursprünglichen Antragstellung durch den prüfenden Dritten nachträglich korrigieren. Neben realisierten Umsatzzahlen und Fixkostenabrechnungen können hier juristische Stellungnahmen miteingereicht werden.

Argumente gegen die Annahme eines Unternehmensverbundes

Die Bewilligungsstellen argumentieren oft alleine mit den Beteiligungsverhältnissen. Wir prüfen bei Fragestellungen dieser Art nach den Beteiligungsverhältnissen und etwaigen Vereinbarungen der Gesellschafter stets, ob eine sogenannte organisatorische Leitungsmacht bei einem der Unternehmen vorliegt. Auch das EU-Recht hilft uns oft, für unsere Mandanten (also die Leistungsempfänger) die Frage des Unternehmensverbundes zu verneinen. Sehr große Bedeutung hat die Frage des benachbarten Marktes. Hier bedarf es einer genauen Prüfung. Was wir nach dutzenden Fällen sagen können: Jeder Einzelfall bietet Möglichkeiten, die Argumentation der Bewilligungsstellen zum Unternehmensverbund anzugreifen.

Unser Angebot

DMR Legal betreut Unternehmen und deren Steuerberater zu allen juristischen Fragen im Zusammenhang mit Corona-Wirtschaftshilfen.
Wir bieten an, juristische Fragen im Zusammenhang mit den Schlussabrechnungen zu prüfen und Stellungnahmen für die Schlussabrechnungen anzufertigen.

Diese Stellungnahmen helfen den Unternehmen gegenüber den Bewilligungsstellen, ihre Position durchzusetzen.

Zudem verteidigen wir Unternehmen gerichtlich gegenüber Rückforderungen der Bewilligungsstellen.

Unsere Expertise und unsere Erfahrungen

Unser Partner Dr. Maximilian Degenhart betreut seine Mandanten außergerichtlich zu sämtlichen rechtlichen Fragen der Corona-Wirtschaftshilfen und vertritt Mandanten in gerichtlichen Verfahren vor Zivil- und Verwaltungsgerichten. Sein Schwerpunkt ist die Frage des Vorliegens eines Unternehmensverbundes. Als ständiger Autor des nwb-Experten Blogs hat Dr. Degenhart mehrere Beiträge zu Rechtsfragen der Corona-Wirtschaftshilfen verfasst.

Einen aktuellen Beitrag zu Rechtsrisiken bei Schlussabrechnungen im nwb-Experten Blog finden Sie hier:

Unser Partner Dr. Tobias Moser ist Verfasser zahlreicher Fachpublikationen zum Handels- und Gesellschaftsrecht. So ist Dr. Moser u.a. ständiger Autor des nwb-Experten Blogs und Autor der Kommentierung der §§ 25 – 28 HGB im BeckOnline Großkommentar zum Handels- und Gesellschaftsrecht.

Konkrete Unterstützung durch DMR Legal

Kontaktieren Sie uns bei rechtlichen Fragen im Zusammenhang mit Schlussabrechnungen und Corona-Wirtschaftshilfen. Insbesondere die Frage des Vorliegens eines Unternehmensverbundes sollte juristisch fundiert mit den jeweiligen Bewilligungsstellen behandelt werden. Kontaktieren Sie uns per E-Mail oder telefonisch.

Wir würden uns freuen, Sie unterstützen zu können.
Ansprechpartner: Dr. Maximilian Degenhart

FAQ

Ausschlaggebend für das Vorliegen von verbundenen Unternehmen ist, dass die Mehrheit der Stimmrechte des einen Unternehmens durch ein anderes Unternehmen oder eine andere natürliche Person oder Personengruppe direkt oder indirekt kontrolliert wird oder die Möglichkeit eines beherrschenden Einflusses auf ein anderes Unternehmen besteht. Hiervon ist insbesondere (aber nicht immer) auszugehen, wenn die Beteiligung an einem Unternehmen mehr als 50 Prozent beträgt. Halten zwei Gesellschafter je fünfzig Prozent, darf kein verbundenes Unternehmen fingiert werden.

Die Schlussabrechnung prüft eventuelle Differenzen zwischen den ursprünglich beantragen Zuschüssen und der Höhe der Zuschüsse, die den Antragstellenden tatsächlich zustehen. Als Ergebnis dieser Prüfungen können sich Nachzahlungen an die Antragstellenden oder Rückforderungen von Zuschüssen ergeben. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz hat zu vielen Fragen der Schlussabrechnungen häufig gestellte Fragen und Antworten veröffentlicht. Diese FAQ können Sie hier finden.

Der Grund für die Schlussabrechnung ist die Prüfung der Berechtigung bewilligter Corona-Wirtschaftshilfen. Denn diese staatlichen Unterstützungsleistungen wurden vielfach auf der Basis von prognostizierten Umsatzrückgängen und Fixkosten beantragt. Antragsberechtigte Unternehmen konnten somit frühzeitig auf der Basis von Prognosedaten Zuschüsse beantragen. Die Förderbedingungen der Corona-Wirtschaftshilfen sehen vor, dass die endgültige Höhe der Billigkeitsleistung anhand der tatsächlich realisierten Geschäftsentwicklung zu ermitteln ist.
Die Schlussabrechnung der ersten Programme (Überbrückungshilfe I-III, November- und Dezemberhilfe) läuft seit dem 5. Mai 2022 und muss – Stand Mai 2022 – bis zum 31. Dezember 2022 erfolgen. Betroffene Unternehmen sollten nicht abwarten, bis die Bewilligungsstelle von sich aus auf bis jetzt unbemerkte Sachverhalte aufmerksam wird, sondern sich proaktiv um eine juristische Absicherung kümmern und der Schlussabrechnung eine entsprechende Erklärung oder Stellungnahme eines Rechtsanwalts beifügen.

Jede Situation ist individuell. Die Bewilligungsstellen argumentieren unserer Erfahrung nach undifferenziert. Gegen grobe Verallgemeinerungen bei der Frage des Unternehmensverbundes sollten Leistungsempfänger den Ist-Zustand detailliert darlegen und eine juristische Einordnung vornehmen. Wir prüfen bei Fragestellungen dieser Art nach den Beteiligungsverhältnissen und etwaigen Vereinbarungen der Gesellschafter stets, ob eine sogenannte organisatorische Leitungsmacht bei einem der Unternehmen vorliegt. Auch gehen wir stets auf Widersprüche und Schwachstellen der Fragen der Bewilligungsstellen ein. Auch die FAQs sind oftmals Argumentationshilfen, da diese oftmals widersprüchlich sind. So stellen FAQs z. B. auf das Vorliegen eines verbundenen Unternehmens nach der EU-Definition ab. Das EU Recht selbst differenziert jedoch und setzt für die Frage des Unternehmensverbundes eine Reihe verschiedener Kriterien voraus. Leistungsempfänger sollten sich diese Differenzierungen zu eigen machen. Dies gilt gerade für die oft entscheidende Frage, ob die vermeintlich verbundenen Unternehmen in einem benachbarten Markt tätig sind. Gerade bei diesem Punkt kann eine juristische Stellungnahme wichtig werden.
Auch anderen, in der Regel standarisiert vorgetragenen, Argumenten für die Annahme eines Unternehmensverbundes können Leistungsempfänger begegnen. Soweit Bewilligungsstellen etwa pauschal „familiäre Verbindungen“ aufführen, um den Unternehmensverbund zu fingieren, ist zwischen Kernfamilie und beispielsweise angeheirateten Verwandten zu differenzieren. Zudem muss berücksichtigt werden, ob die Anteilseigner des Leistungsempfängers etwa in einer Lebens- oder Erziehungsgemeinschaft leben und welche sonstigen wirtschaftlichen Verflechtungen bestehen oder gerade nicht bestehen. Schließlich ist auch die Darlegungslast für die Annahme des Unternehmensverbundes ein Argument, mit dem sich Leistungsempfänger auseinandersetzen sollten.

Bewilligungsstellen orientieren sich an den FAQ des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz. Die FAQ finden Sie hier.

In den FAQ (Ziffer 5.2.) heißt es wörtlich:

Maßgeblich ist der Begriff des verbundenen Unternehmens im hier beschriebenen beihilferechtlichen Sinne, nicht im steuerrechtlichen Sinne. Verbundene Unternehmen sind beispielsweise mehrere Tochterunternehmen und ihre Konzernmutter; hier darf nur eines der verbundenen Unternehmen einen Antrag auf Novemberhilfe beziehungsweise Dezemberhilfe für alle verbundenen Unternehmen stellen. Auch mehrere Unternehmen, die derselben natürlichen Person oder einer gemeinsam handelnden Gruppe natürlicher Personen gehören, sind verbundene Unternehmen, sofern sie ganz oder teilweise in demselben Markt oder in sachlich benachbarten Märkten tätig sind. Als „benachbarter Markt“ gilt der Markt für eine Ware oder eine Dienstleistung, der dem betreffenden Markt unmittelbar vor- oder nachgeschaltet ist. Anknüpfungspunkt zur Beurteilung, ob es sich um denselben/einen benachbarten Markt oder unterschiedliche Märkte handelt, ist dabei nicht die örtliche Nähe. Wenn also ein Unternehmer mehrere rechtlich selbständige Restaurants besitzt, sind diese unabhängig von ihrem Standort verbundene Unternehmen und der Unternehmer darf für seine Restaurants (mit eigener Rechtspersönlichkeit) insgesamt nur einen Antrag auf Novemberhilfe beziehungsweise Dezemberhilfe stellen. Bei steuerrechtlichen Betriebsaufspaltungen werden Besitzunternehmen und Betriebsgesellschaften als verbundene Unternehmen behandelt. Betriebsstätten oder Zweigniederlassungen desselben Unternehmens gelten nicht als rechtlich selbständige Einheit.”

Die maßgebliche „offizielle Seite“ ist die des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz. Das Ministerium hat mit den FAQ (diese finden Sie hier) Auslegungs- und Arbeitshilfen veröffentlicht, welche die Bewilligungsstellen eins zu eins als Argumentationshilfe heranziehen. De facto entfalten die FAQ so gesetzesgleiche Wirkung. Aber die FAQ-Kataloge erweisen sich für die Antrags- und Beratungspraxis als nicht ausreichend. Die denkbaren und in der Praxis
auftretenden Fallkonstellationen und Fragestellungen werden von den FAQ oft nicht abgedeckt. Die FAQ helfen sowohl den Bewilligungsstellen als auch den Antragsstellern nicht dabei, den individuellen Sachverhalt rechtssicher würdigen zu können.

Nein, eine solche automatische Schlussfolgerung ist rechtswidrig.

 

Gleichwohl gehen die Bewilligungsstellen sehr oft diesen Weg, um Leistungen zu kürzen oder zurückzufordern. Hiergegegen müssen sich betroffene Unternehmen wehren. Nach den FAQ des Bundes gelten familiäre Verbindungen für die Unterstellung bzw. Schlussfolgerung als ausreichend, dass natürliche Personen gemeinsam handeln. Dieser Wortlaut legt eine unwiderlegbare Vermutung nahe, die im Schrifttum unter Verweis auf Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz iVm Art. 6 Abs. 1 Grundgesetz zu Recht stark kritisiert wird, da die Europäische Kommission familiäre Beziehungen lediglich als ein, wenn auch sehr gewichtiges Kriterium neben anderen Kriterien ansieht.

Die Bewilligungsstellen wenden das Argument des “benachbarten Marktes” oft falsch und zu Lasten der Leistungsempfänger an.

 

Der Bund definiert in den FAQ als in einem benachbarten Markt tätige Unternehmen als mehrere Unternehmen, wenn sich ihre wirtschaftliche Tätigkeit ganz oder teilweise demselben Wirtschaftszweig gemäß der ersten drei Ziffern der Klassifikation der Wirtschaftszweige, Ausgabe 2008 zuordnen lässt (WZ 2008) (zB 55.1: „Hotels, Gasthöfe und Pensionen“).

 

Darüber hinaus können mehrere Unternehmen auch dann in demselben Markt oder in sachlich benachbarten Märkten tätig sein, wenn dies nicht zutrifft.

 

Grundsätzlich gilt: Benachbarte Märkte oder eng miteinander verbundene benachbarte Märkte sind Märkte, deren jeweilige Waren oder Dienstleistungen einander ergänzen oder deren Waren zu einer Produktpalette gehören, die in der Regel von der gleichen Kundengruppe für dieselbe Endverwendung gekauft werden. Vertikale Beziehungen in einer Wertschöpfungskette sollten ebenfalls berücksichtigt werden.

Die Bestimmung desselben oder benachbarten Marktes anhand der Klassifikation nach der WZ 2008 lehnen wir ab – und mit uns die herrschende Meinung im Schrifttum. Warum? Die europarechtliche Definition der verbundenen Unternehmen ist weiter als die reine Bezugnahme auf die WZ 2008.

Die Gliederung der Klassifikation der Wirtschaftszweige, Ausgabe 2008 (WZ 2008), wurde unter intensiver Beteiligung von Datennutzern und Datenproduzenten in Verwaltung, Wirtschaft, Forschung und Gesellschaft geschaffen. Sie berücksichtigt die Vorgaben der statistischen Systematik der Wirtschaftszweige in der Europäischen Gemeinschaft (Nomenclature statistique des activités économiques dans la Communauté européenne (NACE) Revision 2), die mit der Verordnung (Europäische Gemeinschaft (EG)) Nummer 1893/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 (Amtsblatt Europäische Gemeinschaft Nummer Liste 393 Seite 1) veröffentlicht wurde.

Dr. Maximilian Degenhart
Dr. Maximilian Degenhart

Zur Kanzlei: Die Rechtsanwälte der Kanzlei DMR Legal verfügen über langjährige Erfahrungen im Bereich des Wirtschafts- und Finanzrechts. Wir verfassen juristische Stellungnahmen für Corona-Wirtschaftshilfen und nehmen die Interessen unserer Mandanten vor Verwaltungs- und Zivilgerichten wahr.