DMR Legal

Venture Debt – Q&A

Seit einiger Zeit ist das Buzzword „Venture Debt“ bei Venture Capital-Beteiligten in aller Munde. Doch um was genau handelt es sich bei „Venture Debt“ und „Venture Loans“? Und wie unterscheidet sich Venture Debt von anderen Fremdfinanzierungsformen und vom „klassischen“ Venture Capital? In der Beratungspraxis fällt auf, dass in diesem Zusammenhang unterschiedliche Begrifflichkeit verwendet werden, die im Kontext auch nicht immer korrekt sind. Dieser Beitrag soll zur Aufklärung beitragen und Praxistipps an die Hand geben. Im Folgenden finden Sie Antworten auf die aus unserer Sicht typischen Fragen, die sich VC Investoren und junge Unternehmen bei der Fremdkapitalaufnahme stellen.
DMR Legal berät regelmäßig Unternehmen im Anfangsstadium sowie Investoren im Rahmen von Finanzierungsgestaltungen. Gerade im Dschungel der noch nicht gefestigten Strukturen solcher Finanzierungslösungen ist unser Selbstverständnis, unseren Mandanten eine Guidance zu geben, welche Möglichkeiten rechtlich in Betracht kommen und wirtschaftlich sinnvoll sind.

Was ist ein Venture Loan (VL) und was sind die Unterschiede zu „klassischen“ Fremdfinanzierungen, Venture Capital (VC) und Wandeldarlehen (Convertible Loans / Bonds)

Bei Venture Debt (das Darlehen wird als “Venture Loan” bezeichnet) handelt sich um eine Fremdkapital-Finanzierungsform mit Besonderheiten bei der Sicherheitenstellung im Vergleich zur Unternehmensfinanzierung. Die Zinsen sind aufgrund des höheren Risikos deutlich höher als bei sonstigen Bankdarlehen. Die Dokumentation ist aber derjenigen einer Unternehmensfinanzierung sehr ähnlich. Venture Debt unterscheidet sich von Venture Capital dadurch, dass der Kapitalgeber grundsätzlich nicht selbst am Eigenkapital investiert ist, sondern das Geld als Dritter begibt. Meist finden sich aber sog. „Equity Kicker“ in der Dokumentation, also ein Wandelrecht für zumindest einen Teil des Darlehens in Anteile am Schuldner. Dies ist eine Überschneidung mit den Wandeldarlehen, die typischerweise von (zukünftigen) Investoren im Rahmen einer VC Finanzierungsrunde gegeben werden. Anders als beim Wandeldarlehen ist es aber nicht Ziel des VL-Kapitalgebers, das Darlehen zu einem späteren Zeitpunkt zu wandeln.

Bisher gibt es auf dem deutschen Markt vor allem aufgrund der starken Regulierung von Kreditvergaben noch nicht viele VL-Geber. Die bekannteste ist sicher die Silicon Valley Bank, zudem gibt es VL-Investoren wie Davidson Technology Growth, Kreos, Columbia Lake oder TriplePoint Capital.
Generell höher als bei „normalen“ Darlehen. Sie liegen in der Regel zwischen 7% und 15% p.a., in Einzelfällen auch höher.

Hier gibt es keine Faustregel. Je jünger das Unternehmen, desto geringer wird der Prozentanteil des VL an der gesamten Finanzierungsrunde sein. Natürlich aber haben VL-Geber eher ein Interesse daran, wenn möglich höhere Kredite zu vergeben.

  • Flexibilität – der Kreditnehmer ist nicht ausschließlich auf Investoren und deren Verbleiben angewiesen.
  • Weniger Verwässerung – sowohl für Bestands- als auch für neue Investoren Ggf. höhere Pre-Money Bewertung.
  • Geschwindigkeit – Der Prozess VL geht in vielen Fällen schneller als im klassischen VC.
  • Signalwirkung (= der Gründer ist in der Lage, einen bekannten Player an Board zu holen).
  • Höhere Komplexität des täglichen Doings, u.a. Covenant-Überwachung.
  • Belastung der zukünftigen Liquiditätssituation des Start-ups -> erfordert Liquiditätsmanagement.
  • Ein VL kann gekündigt werden. Ab dem Zeitpunkt der Schieflage können die Interessen der VL- und VC-Investoren diametral entgegenstehen.
  • Signalwirkung: Wir benötigen fremde Liquidität, weil die eigene nicht ausreicht (nicht zwingend negativ).
Hier unterscheidet sich VL am ehesten von klassischen Fremdfinanzierungen. Der Kapitalgeber muss im VL, gerade in der frühen Phase, denken wie ein Equity Investor, sprich „Wer sind die Beteiligten Investoren und wie sieht der Cap Table aus?“. Allerdings ist hier auch die Frage, zu welchem Zeitpunkt das Unternehmen den VL in Anspruch nimmt. Je etablierter das Unternehmen wird, desto mehr ähnelt die Transaktion – auch in Bezug auf die zu stellenden Sicherheiten – einer klassischen Fremdfinanzierung. Meistens werden jedenfalls Bankkonten, geistiges Eigentum und Anteile an Tochtergesellschaften verpfändet und Forderungen abgetreten. Soweit sinnvoll, gibt es auch Sicherungsübereignungen z.B. von Vorräten und Warenlagern. Kein Teil des Sicherheitenpakets sind in der Regel Anteilsverpfändungen am Start-Up selbst. Dies erklärt sich von selbst, denn es bestünde erhebliches Konfliktpotential mit den VC-Investoren.
Meist wird das Darlehen in mehrere Tranchen für unterschiedliche Zwecke aufgeteilt, wobei die Auszahlungen der weiteren Tranchen durch das Erreichen bestimmter Milestones, wie z.B. EBITDA oder Umsatz, bedingt sind. Zwecke der Tranchen sind meistens eine Betriebsmittellinie (revolvierend) und ein Laufzeitdarlehen für bestimmte Investments.
Der Equity Kicker wird auf verschiedene Weise ausgestaltet, entweder als echte Wandlungsoption oder als virtuelle Option. Dadurch sichert sich der VL-Geber, im Falle eines Verkaufs (=Exits) an der Wertsteigerung zu partizipieren. In Deutschland ist die Stellung einer echten Wandlungsoption an höhere rechtliche und formale Anforderungen gekoppelt.

Im Regelfall ja, wobei diese aufgrund der generellen Risikostruktur weniger Relevanz haben als bei klassischen Fremdfinanzierungen. Wie auch bei klassischen Fremdfinanzierungen beziehen sich diese meist auf den Verschuldungsgrad oder das EBITDA, am ehesten sieht man im VL aber Mindestumsätze oder Verlustobergrenzen.

Grundsätzlich ist aufgrund der Struktur einer VL-Transaktion und der regelmäßig nicht gegebenen Liquidität für viele Monate keine Tilgung, sondern sind nur Zinsen zu zahlen.

Das Start-Up sollte schon etabliert sein. Ca. ab der dritten Finanzierungsrunde ist es sinnvoll, sich bei Bedarf nach einem Fremdkapitalgeber umzusehen.
Wie lange ist die regelmäßige Laufzeit? Das „kommt darauf an“. Im Regelfall mindestens 2 Jahre. Für mehr als 4-5 Jahre wird sich ein Investor im Regelfall nicht binden wollen.

In Deutschland muss generell jeder, der gewerbsmäßig Darlehen vergeben möchte, eine sog. „Bankerlaubnis“ haben. Dies gilt auch für ausländische Investoren, die sich gezielt an den deutschen Markt wenden. Hier besteht ein Vorteil für bereits investierte Wandeldarlehensgeber, denn diese profitieren von der Ausnahme der BaFin, dass Gesellschafter grundsätzlich keine Erlaubnis benötigen, um ein Darlehen an Ihre Tochter zu geben.

Diese unterscheiden sich nicht erheblich von klassischen Finanzierungen. Zu den Gebühren im bei Finanzierungen werden wir eine gesonderte Info-Page erstellen.
In Deutschland gibt es bisher keine einheitliche Standarddokumentation für VL-Finanzierungen, auch wenn sich die Dokumentation häufig an anerkannte Standards für Kreditverträge (z.B. LMA) anlehnt.

Grundsätzlich unterliegt die Dokumentation bei deutschen Deals auch deutschem Recht, mit Ausnahme bestimmter Dokumente wie z.B. Fee Letter. In Einzelfällen bestehen gerade anglo-amerikanische VL-Geber auf eine, soweit nach deutschem Recht möglich, US-amerikanischem oder englischem Recht unterliegende Dokumentation. Sicherheiten und Equity Kicker werden aber aus rechtlich-formalen Gründen grundsätzlich nach deutschem Recht gegeben.

Dr. Thomas Ressmann
Dr. Thomas Ressmann

Ihr Autor:

Dr. Thomas Ressmann ist Rechtsanwalt und Gründungspartner bei DMR Legal. Thomas hat jahrelange Erfahrung im Bereich Finance und ist auf Fremdfinanzierungen jeder Art spezialisiert. Er berät sowohl auf Darlehensnehmer- wie auf Darlehensgeberseits und berät zu allen Fremdfinanzierungsstrukturen und deren Restrukturierung.